Nachhallzeit

Gefährdungen

Die raumakustische Qualität hat einen bedeutsamen Einfluss auf das Verstehen von Sprache. Ist die Sprache nur mühsam zu verstehen, müssen verstärkt kognitive Prozesse mobilisiert werden, um die Sprachinformationen verarbeiten zu können. Der wichtigste Parameter für die akustische Qualität eines Raumes ist die Nachhallzeit. Die Nachhallzeit T (wird in Sekunden angegeben) sagt aus, wie lange es dauert, bis nach Eintreffen des Direktschalls der Schalldruckpegel um 60 dB abgenommen hat.

Infolge einer erhöhten Nachhallzeit sinkt die Sprachverständlichkeit durch den Verlust an richtig verstandenen Konsonanten. Besonders für Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Muttersprache und im fremdsprachlichen Unterricht kann daher von einem deutlichen Verlust an Lehr- und Lernleistungen ausgegangen werden.

Weiterhin ist bei erhöhten Nachhallzeiten mit einer stetigen Erhöhung des Lärmpegels durch die Raumnutzer zu rechnen („Lombard-Effekt“). Wegen des Bedürfnisses, sich bei hohem Umgebungsgeräuschpegel dem Gesprächspartner trotzdem verständlich zu machen, erhöht ein Sprecher unwillkürlich die Lautstärke seiner Stimme. Wenn versucht wird, schlechte Sprachverständlichkeit durch lauteres Sprechen zu verbessern, wird dies zu keinem Erfolg führen, da auch die Umgebungsgeräusche gleichermaßen lauter werden. Das Resultat ist, dass die Gesamtlautstärke übermäßig stark ansteigt, jedoch nicht die Sprachverständlichkeit. Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Verringerung der Nachhallzeit auf einen optimalen Wert der Gesamtgeräuschpegel um mehr als 10dB gesenkt wird. Das entspricht einer Minderung der Schallenergie um 90% und etwa einer Halbierung des Lautstärkeempfindens. Durch Anbringen von schallabsorbierenden Elementen wird die Sprachverständlichkeit deutlich erhöht und die Lautstärke im Unterrichtsraum minimiert. Deswegen sollte in Unterrichtsräumen die Nachhallzeit möglichst gering sein.

In der [?]DIN 18041:03-2016 „Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen“ werden zwei Anwendungen unterschieden:

- Hörsamkeit über mittlere und größere Entfernungen (Räume der Gruppe A), z. B. Unterrichtsräume in Schulen,  Gruppenräume, Konferenzräume, Sport- und Schwimmhallen

   und

- Hörsamkeit über geringe Entfernungen (Räume der Gruppe B), z.B. Verkehrsflächen mit Aufenthaltsqualität, Kantinen, Umkleiden in Schulen, Eingangshallen, Büros.

Bei der Raumgruppe B wird die Hörsamkeit über geringe Entfernungen durch Schallabsorption und Störgeräuschminderung erreicht. Über große Entfernungen ist die Hörsamkeit hier stark eingeschränkt.

Bei der Raumgruppe A wird die Hörsamkeit über mittlere und große Entfernungen durch eine für die Nutzung angepasste Nachhallzeit und Schalllenkung erreicht. Die Nachhallzeitanforderungen für eine gute Hörsamkeit sind vom Raumvolumen und von der Nutzungsart des Raumes abhängig. Für Räume der Gruppe A werden folgende Nutzungsarten unterschieden:

A1: „Musik“

A2: „Sprache/Vortrag“

A3: „Unterricht/Kommunikation“ sowie „Sprache/Vortrag inklusiv“

A4: „Unterricht/Kommunikation inklusiv“

A5: „Sport“ 

 

In der folgenden Grafik sind die Sollnachhallzeiten in Abhängigkeit vom Raumvolumen und der Nutzungsart dargestellt.

Nach [?]DIN 18041:2016-03 ist ein Unter- bzw. Überschreiten der Sollnachhallzeit frequenzabhängig im Rahmen eines Toleranzbereiches möglich.

Von Personen mit Hörschäden wird die raumakustische Situation für Sprachkommunikation umso günstiger empfunden, je kürzer die Nachhallzeit ist. Dasselbe gilt auch für Personen in einer Sprache, die nicht als Muttersprache gelernt wurde und bei der Kommunikation mit Personen, die auf eine andere Weise einen Bedarf nach erhöhter Sprachverständlichkeit haben, z. B. Personen mit Sprach- oder Sprachverarbeitungsstörungen, Konzentrations- bzw. Aufmerksamkeitsstörungen, Leistungsbeeinträchtigungen. Im Zweifelsfall sollten in Räumen zur Sprach-Kommunikation eher kürzere als längere Nachhallzeiten realisiert werden.

Die Anforderungen an die Nachhallzeit beziehen sich auf den besetzten Zustand des jeweiligen Raumes (Besetzungsgrad: 80 % der Regelbesetzung).

Nach [?]DIN 18041 werden die Werte für die Nachhallzeit Tsoll rechnerisch für die Nutzungsarten A1 bis A5 in Abhängigkeit des Raumvolumens ermittelt. Um diese Nachhallzeiten mit den real existierenden Raumbedingungen in Schulen zu vergleichen, ist eine Nachhallzeitmessung in den Unterrichtsräumen mit einem speziellen Nachhall-Messgerät durchzuführen. Die folgende Grafik zeigt die Nachhallzeit Tsoll in Abhängigkeit von der Nutzungsart und des Volumens eines Raumes für die Oktaven von 125 Hz bis 4000 Hz. Die blaue Kurve stellt die reale Nachhallzeit in Sekunden für einen Unterrichtsraum dar. Die rote und die grüne Kurve geben den Toleranzbereich an.

Diese Messungen können von den Fachkräften für Arbeitssicherheit durchgeführt werden. Kontaktieren Sie hierzu die zuständige Fachkraft für Arbeitssicherheit

Maßnahmen

Durch das Einbringen von Schall absorbierendem Material wird die Geräuschkulisse im Klassenraum signifikant gesenkt. Die erreichten Lautstärkeabsenkungen durch Anbringen von Schallabsorbern waren stets höher als es rein physikalisch zu erwarten gewesen war. Die Reduzierung der Nachhallzeit mit marktüblichen Mitteln ist aus technischer Sicht sehr einfach. In der Regel sind die Klassenräume so hoch, dass dort ohne größere Schwierigkeiten eine akustisch wirksame, abgehängte Decke eingebracht werden kann. Ihr Vorteil besteht hauptsächlich darin, dass so eine relativ große Absorptionsfläche für den Schall in den Raum eingebracht wird. Außerdem existieren verschiedene andere Möglichkeiten der Anbringung von schallabsorbierender Materialien, wie Baffeln, Deckensegel, Wandabsorber, schallabsorbierende Möbel, schallabsorbierende Raumteiler etc..

Für die zweckmäßige Durchführung der Schallabsorptionsmaßnahmen sollte die Beratung einer Fachfirma eingeholt werden.