Informationen für Vorgesetzte

Fallbeispiel: „Was ist noch Privatsache und wo fängt meine Verantwortung an?"

Die junge Kollegin Martina K. ist seit einem Jahr an Ihrer Schule beschäftigt. Seit Beginn ihrer Tätigkeit überrascht sie die Kolleginnen und Kollegen damit, die neuesten Nachrichten aus der Region und aller Welt zu haben, die oft noch keine Stunde alt sind. Mit den jungen Kolleginnen und Kollegen dreht sich das Pausengespräch zumeist um die neuesten Smartphone-Modelle und Aktivitäten in sozialen Netzwerken. Einigen hat sie dabei geholfen, Accounts einzurichten und das eigene Profil „aufzuhübschen“ bzw. zu manipulieren. Nachdem einige die Einrichtung eines kollegiumsübergreifenden Gruppenchats abgelehnt hatten, reagierte Frau K. sehr verärgert und vermeidet seitdem den Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen. In den letzten Wochen ist Ihnen aufgefallen, dass sich Martina K. in den Pausen kaum noch im Lehrerzimmer aufhält. Meistens bleibt sie in ihrem Klassenraum oder geht allein in einen Nebenraum, immer mit ihrem Smartphone beschäftigt. Auf dem Weg zur Aula wären Sie neulich fast mit ihr zusammengestoßen, weil sie eine Nachricht auf ihrem Smartphone tippte. Die Schülerinnen und Schüler berichten Ihnen, dass Frau K. auch im Unterricht viel über neueste Apps und soziale Netzwerke spreche und sogar einen Klassen-Gruppenchat eingerichtet habe. Von einem Kollegen haben Sie erfahren, dass die Kollegin sogar während des Unterrichts mit ihrem Smartphone beschäftigt gewesen sei. Auch einige Schülerinnen und Schüler in der Klasse von Frau K. befassen sich mit ihren Smartphones, obwohl dies laut Schulordnung während des Unterrichtes untersagt ist. Sie fangen an, sich ernsthafte Sorgen um Frau K. zu machen. Sie überlegen, ob Sie in Ihrer Funktion als Vorgesetzte oder Vorgesetzter etwas unternehmen sollen oder sogar müssen und was der richtige Schritt sein könnte? 

 

Was steckt dahinter?

Eine Abhängigkeit von Genuss- und Suchtmitteln entwickelt sich oft schleichend und in Phasen. Dabei spielen neben den substanzbezogenen Störungen (z.B. Alkohol, Medikamente, illegale Drogen wie Cannabis, Kokain, Amphetamine), auch nichtsubstanzbezogene Störungen, sogenannte Verhaltenssüchte (wie z.B. Glücksspiel, Computerspiele, Medien und Internet) eine Rolle. Auch wenn Konsumierende die Situation vorerst noch unter Kontrolle haben, kann ein regelmäßiger und verstärkter Konsum ausufern und zur Entwicklung eines riskanten Konsums oder einer Abhängigkeit führen. Übermäßiger Konsum von Substanzen oder übermäßige Beschäftigung mit bestimmten Tätigkeiten, Veränderungen im Sozial- und Arbeitsverhalten, der Stimmung oder des äußeren Erscheinungsbildes sind oftmals Indizien für eine Krisensituation. Die Vorteile einer kurzfristigen Entlastung und Entspannung durch derartige Substanzen und Verhaltensweisen werden in dieser Situation höher gewichtet als die dienstrechtlichen und zwischenmenschlichen Konsequenzen. Daher ist es für Betroffene und das Umfeld sehr wichtig, die ersten Anzeichen rechtzeitig zu erkennen und ihnen frühzeitig entgegenzuwirken. Das soziale Umfeld von Betroffenen ist in solchen Situationen jedoch oftmals unsicher und steht in einem inneren Konflikt: Nichtstun und Abwarten oder Handeln und das Gespräch suchen? Um diese Ambivalenz aufzulösen und eine Entscheidung zu treffen, kann es hilfreich sein, sich mit einem Außenstehenden unverbindlich und unter Schweigepflicht zu beraten.

 

Was können Sie tun?

Wenn [?]Beschäftigte wiederholt im Arbeitsalltag einer Schule so auffallen, dass ein Suchtmittelmissbrauch naheliegt, sind grundsätzlich alle Kolleginnen und Kollegen aufgerufen, im Rahmen der Möglichkeiten tätig zu werden. Ihnen als Vorgesetzte oder Vorgesetzter kommt dabei eine besondere Rolle zu. Da Fragen rund um das Thema Konsum und Sucht nicht immer einfach zu beantworten sind, bietet Ihnen die Suchtberatung der Stabsstelle Arbeitsschutz und Gesundheitsmanagement der Regionalen Landesämter für Schule und Bildung in Niedersachsen individuelle Hilfe an. Unsere Angebote reichen von persönlicher Beratung der Vorgesetzten, der Betroffenen, der Personalvertretungen und des Kollegiums über die Vermittlung von Beratungs- und Hilfsangeboten bis hin zu Unterstützung bei der Umsetzung der Dienstvereinbarung Sucht sowie Fortbildungen und Workshops zum Thema Gesundheits- und Suchtprävention. Die Grundlagen unserer individuellen Beratungstätigkeit sind Freiwilligkeit, Datenschutz, Vertraulichkeit und Schweigepflicht. Wir sind bei Fragen zum Thema Konsum, Sucht und Suchtprävention gerne für Sie da! 

Die Kontaktdaten Ihrer zuständigen Beauftragten und ihres zuständigen Beauftragten für Suchtfragen finden Sie über die Beratersuche.

Weiterführende Informationen, Kontakte zu externen Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen finden Sie unter Links/ Quellen.