Gefährdung durch Stress

Frau B. hat vor den Sommerferien sowieso ein hohes Arbeitsvolumen und vertritt zusätzlich einen erkrankten Kollegen in Deutsch. Sie bemerkt nach zwei Wochen einen Schlaf- und Konzentrationsmangel bei sich, wodurch sie mehr Zeit für ihre Arbeit benötigt als sonst. Als sie in der Pause von einem Kollegen gefragt wird, ob sie nachmittags bei der freiwilligen Lyrik-AG helfen könne, reagiert sie schroff ablehnend („Ich bin hier nicht die Mutter Theresa.“). Der Kollege reagiert verärgert, die dabeistehende Kollegin schweigt betreten. Beide gehen Frau B. in den nächsten Tagen aus dem Weg. Frau B. bemerkt dies und nimmt dies als sehr verletzend wahr.

Wie wirkt sich Stress aus?

Stress ist physiologisch gesehen eine Reaktion zur Erhöhung der Handlungsfähigkeit in schwierigen Situationen („Fight or flight“). Landläufig wird die wahrgenommene psychische und physische Beanspruchung in solchen Situationen als Stress bezeichnet.

Stressreaktionen begleiten eine zeitlich begrenzte Herausforderung, nach deren Bewältigung Entspannung eintritt
          -> akuter Stress ist „Würze des Lebens“.
Stress kann aber auch eine Dauerreaktion des Körpers ohne Möglichkeit der Entspannung werden
          -> chronischer Stress hat direkte gesundheitliche und seelische Folgen und stellt ein Risiko dar.

Das arbeitspsychologische Stressmodell von Bamberg (2003) betrachtet die bedingungsbezogenen Faktoren (z. B. Arbeitsbedingungen) und die personenbezogenen Faktoren (z. B. Gesundheitszustand) für das Stresserleben.

Die bedingungsbezogenen Stressoren* und Ressourcen wirken von außen auf Menschen ein. Stressoren* sind dann beispielsweise permanenter Zeitdruck, unklare Verantwortung und Streit mit Kolleginnen und Kollegen. Ressourcen sind beispielsweise eigene Tätigkeitsspielräume, klare Aufgabenverteilung und die Unterstützung durch Kollegen und Kolleginnen.

Personenbezogene Risikofaktoren sind beispielsweise Übermüdung, Ärger, Erkrankungen, Erleben von Kontrollverlust oder fehlende fachliche Kompetenzen. Ressourcen sind zum Beispiel das Beherrschen von Problemlösestrategien, die Wahrnehmung von eigener Kontrolle in herausfordernden Situationen und grundsätzliche Veränderungsbereitschaft.

Alle diese Aspekte wirken auf die individuelle Bewertung einer Situation ein als positive Herausforderung, als Stress oder als unwichtig und beeinflussen somit auch die Bewältigungsmöglichkeiten in Stress-Situationen bzw. Stressphasen. Gestresstes Verhalten wirkt sich indirekt auch auf Kolleginnen und Kollegen, die Arbeit und das soziale Umfeld aus. Dabei können sich die negativen Folgen von Stress dann auch wechselseitig verstärken. 

Menschen gehen sehr unterschiedlich mit ihrem Stress um. In Kollegien und Gruppen lassen sich häufig auftretende Stresskonstellationen erkennen, die als sehr belastend erlebt werden. Diese können in Bezug auf konkrete Arbeitsbedingungen, individuelle Verhaltensmöglichkeiten und unterstützende soziale Beziehungen bearbeitet werden, sodass Stresserleben und gesundheitliche Risiken reduziert werden (siehe dazu Maßnahmen).

* [Der Begriff "Stressoren" umfasst die Faktoren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Stresserleben auslösen.]